Coachwise: Zähl‘ Deine Narben… (Dave MacLeod)

Dave MacLeod, den ich inzwischen auch als kompetenten Buchautor schätze, hat in seiner Artikelserie (erscheint alle 3 Monate) für den MCofS vor wenigen Tagen den etwas verspäteten Februarartikel veröffentlicht. Mir ist das so aber auch lieber – gerne warte ich etwas länger, und bekomme dafür etwas durchdachtes das mir auch wirklich etwas bringt!

Part 6: Count Your Battle Scars (pdf)

sowie

TOP TIPS: ‚Work-arounds for the climbing wall climber‘ & ‚Anticipation‘ (pdf)

Im Hauptartikel geht es ihm vor allem um den emotionalen Aspekt einer Kletterroute, um den harten Kampf am Limit den man in der Kletterhalle nicht übt / verlernt.
In den „Top Tips“ erläutert er dann zum einen Strategien für eben diese Kletterer, die zwangsweise vor allem in der Halle unterwegs sind, sowie „Anticipation„, womit er die Vorausplanung / das Vorausahnen von kletterrelevanten Situationen meint.
 
Sehr interessant und gut auf den Punkt gebracht, und wer die vorherigen Artikel nicht kennt – unbedingt nachholen!!!
 

Wie funktioniert das Krafttraining fürs Klettern?

Wie und warum wird man stärker, und vor allem: Was muss man trainieren? Doch von Anfang an…
 
Artikel 1:
Vor ein paar Tagen hat Dave MacLeod den Artikel

Fingerboarding -timings

veröffentlicht. Siehe besonders auch die Kommentare!
Darin schreibt er, dass ein Trainingsprogramm am Fingerboard in der Art „mehrmals 6-10s hängen + 3s Pause“ ausschließlich Kraftausdauer trainiert, und dass „einmal 6-10s hängen dann >1 Minute Pause“ der einzige Weg ist um die Muskeln zum Wachstum und zur höheren Rekrutierung anzuregen.
 
Widerspruch:
Das hat mich doch einigermaßen verwirrt, da Guido Köstermeyer in seinem Buch Peak Performance explizit schreibt, Übungen der Art „mehrmals 6-10s hängen + 3s Pause“ haben den Effekt „Hypertrophie“ (=Muskelaufbau).
Weiterhin finden sich auch einige deutschsprachige Quellen, die ein Hypertrophietraining im Trainingsplan haben!
 
Nachforschung:
Ich habe also Guido Köstermeyer gefragt, was er von Dave MacLeods Artikel und dessen Argumenten hält.
 
Seine Antwort war, dass Maximalkraft auf zwei Wegen gesteigert werden kann – höhere Rekrutierung (Daves Programm) oder Erhöhung der Muskelmasse (Hypertrophie, das erste Programm, das auch in Peak Performance enthalten ist; notwendig: ein Muskelreiz >50% der Maximalkraft). Anaerobes Kraftausdauertraining und Hypertrophie gingen fließend ineinander über, und auch ersteres habe positive Auswirkungen auf die Muskelmasse! Weiterhin sei Rekrutierung sehr schnell ausgereizt, so dass für ein effektives Training erst wieder mittels Hypertrophie neue Muskelmasse erzeugt werden sollte.
Dabei bezieht er sich auf „Güllich, A., & Schmidtbleicher, D. (1999). Zur Struktur der Kraftfähigkeiten und ihrer Trainingsmethoden. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 50(7+8), 223-234. 20 (pdf)„. (Fortsetzung unten)
 

Fingerboard (moon)

Fingerboard (moon)


 
Artikel 2:
Nun hat Dave MacLeod gestern einen weiteren Artikel zum Thema veröffentlicht
 

„Understanding how muscles adapt“

in dem er auf einen Kommentar eingeht und seine Argumente noch einmal ausführt, mit dem Hinweis auf zwei Bücher und der Empfehlung an die Interessierten, ein bißchen etwas über Muskelphysiologie zu lesen.
 
Folgerungen:
Letzteres halte ich für eine sehr gute Idee, da mir Guido Köstermeyers Aussagen doch als berechtigte Kritik sehr einleuchten und auch viele Erfahrungen und Meinungen Dave MacLeod (den ich als Autor sehr schätze) in diesem Punkt widersprechen.
 
Gerade habe ich das oben zitierte pdf überflogen (am Wochenende habe ich dafür wohl etwas mehr Zeit), relevant sind vor allem die Tabellen 1 und 2 auf S.229, in denen die Parameter des Hypertrophietrainings und die Anpassungserscheinungen (Maximalkraft!) aufgeführt sind! Dies unterstützt meiner Meinung nach eindeutig die Aussagen von Guido Köstermeyer!
Daraus folgere ich, dass mein bisheriges Training am Fingerboard richtig strukturiert war, die Ergebnisse berichte ich euch in ein paar Wochen wenn ich damit fertig bin.
 
Hat einer von euch zufällig Sportmedizin oder etwas Ähnliches studiert und kann das bestätigen? Und welche Erfahrungen habt ihr beim Training gemacht? Das würde mich doch sehr interessieren!!

Buch: Die 4. Dimension

Gerade hat die klettern eine Kurzkritik des neuen Lehrbuches Die 4. Dimension (erhältlich direkt beim Verlag des Autors Gerald Krug oder über Amazon) veröffentlicht, das ich bereits Anfang Dezember angekündigt hatte.
 
Ich habe es mir auch schon gekauft, und da ich Dave MacLeods „9 out of 10 climbers make the same mistakes“ (ausführliche Kritik) eben fertiggelesen habe ist dieses jetzt dran 😉

Review: 9 out of 10 climbers make the same mistakes

Update 2: Und nun hat auch Björn Pohl ein paar Zeilen über das Buch geschrieben.

Update: Inzwischen hat auch Peter Beal von mountainsandwater.com das Buch rezensiert.

Im Dezember erschien Dave MacLeods erstes Buch „9 out of 10 climbers make the same mistakes„, das sich mit Klettertraining auf einer völlig anderen Ebene beschäftigt als Lizenz zum Klettern, Vertical Secrets, Peak Performance, Die 4te Dimension, How to climb 5.12 etc.

 
Zusammenfassung:
Wer mit Dave MacLeods Coach-Blog etwas anfangen kann und wirklich besser werden will, für den ist das Buch auf jeden Fall sehr empfehlenswert!
Alle anderen sollten sich wohl auch den Rest des Artikels durchlesen 😉
 

9 out of 10 climbers make the same mistakes (Dave MacLeod)

9 out of 10 climbers make the same mistakes (Dave MacLeod)


 
Layout
Hier kann das Buch leider nicht punkten. Auf den gut 160 Seiten findet sich gerade mal eine (1) Illustration, auf den einzelnen Seiten finden sich nur die Seitenzahlen, kein „wir sind gerade in diesem Kapitel an jenem Thema“ o.ä.
 
Struktur
Das Buch erinnert eindeutig an ein thematisch sortiertes Blog, und in der Tat sind auch einige Artikel aus jenem übernommen. Man kann sich das Buch also als eine Sammlung von Essays zum Klettertraining vorstellen, die zwar thematisch zueinander passen aber eher unabhängig voneinander sind (abgesehen von einigen Themen die er auf mehrere Essays aufspaltet, wie z.B. bei ‚momentum‘ und ‚weight‘). Das ist durchaus zum Inhalt passend, da Dave MacLeod keinen großen „Trainingsplan“ aufstellt, sondern – siehe Untertitel „Navigation through the maze of advice for the self-coached climber“ – dem Leser vermitteln möchte, wie dieser die limitierenden Faktoren seiner Kletterleistung erkennen und bekämpfen kann. Weiterhin folgt aus diesem Mangel an Bezug der Artikel untereinander, dass man jederzeit und überall einsteigen und etwas aus dem Buch lernen kann.
 
Inhalte
Das Buch besteht aus 5 Teilen:

  1. Creatures of Habit (20 Seiten)
    Dieser Teil erinnert etwas an ein self-help Buch, „erkenne Deine Schwächen, arbeite an Deinen Gewohnheiten…“, (auch wenn ich selber noch keines gelesen habe) und ist nicht kletterspezifisch. Was er hier schreibt lässt sich auf jeden beliebigen Bereich des Lebens übertragen. Wer sein Blog kennt wird den Kernaussagen schon begegnet sein, mir gefällt wie offen und direkt er ist – kein langes herumreden um den heißen Brei.
  2. The big four: movement technique, finger strength, endurance, body mass (64 Seiten)
    1. Nach einer kurzen Trainingslehre kommt ein Teil, in dem er über Bewegung und Technik spricht. Bei dem „spricht“ bleibt es auch, da es sich wie gesagt ausschließlich um Text (1 Ausnahme) handelt. Ich bewerte dies jedoch nicht unbedingt negativ, und das hängt mit dem Zielpublikum des Buches zusammen. Es richtet sich nicht an den Anfänger, sondern an den Kletterer, der sich schon mit Klettertraining beschäftigt hat und merkt, dass er das Gesamtbild „Was ist für mich jetzt wichtig, um besser zu werden“ aus den Augen verloren hat
    2. Wer von diesem Buch konkrete Trainingspläne erwartet, ist auf dem Holzweg. Dave MacLeod gibt wird zwar teilweise auch explizit, eine der Kernaussagen des Buches ist jedoch, dass man nur selbst erkennen kann (oder über einen Coach) was man gerade trainieren sollte um besser zu werden, und dass das denkfreie übernehmen von Trainingsplänen keinen Sinn macht. Dies trifft auch auf den Fingerkraftteil zu
    3. Dann folgt eine sehr mutige Entscheidung: Knapp 20 Seiten zu Gewicht, Größe und Ernährung, analytisch und durchdacht
    4. Zur Kraftausdauer führt er die biologischen Grundlagen aus und wird dann konkret
  3. Fear of falling: the real problem, probably… (18 Seiten)
    Seinem Blog nach zu urteilen ist dieses Thema sein Steckenpferd (oder seine Nemesis?). Hier befinden sich auch einige sehr interessante Trad-spezifische Seiten, die für mich jedenfalls erhellend waren (ich betrachte inzwischen einige britische Kletterfilme mit anderen Augen…). Ob man Sturzangst jetzt ein eigenes Kapitel widmen muss kann man diskutieren, gleichwohl ist dieser Teil des Buches sehr gelungen und wird wohl einigen Lesern die Augen öffnen.
  4. The other big four: attitude, lifestyle, circumstances, tactics (26 Seiten)
    Dieses Kapitel erinnert an das erste, wieder sehr schön direkt und ohne Euphemismen – bravo!
  5. What’s next coach? Planning your improvement (21 Seiten)
    In Teil 5 geht es um kurz-, mittel- und langfristige Trainingsplanung und wie verschiedene Lebensumstände sich auf unser Klettern auswirken, hier vermittelt er die wichtigsten Lektionen die er in seiner Kletterkarriere gelernt hat – sehr zu empfehlen!

 
Beispiele
Einige seiner Blogposts, die einen Vorgeschmack auf das Buch geben:

 
Seine äußerst lohnenden Artikel, erschienen im Coachwise des MCofS:

 

Cover - 9 out of 10 climbers make the same mistakes (Dave MacLeod)

Cover - 9 out of 10 climbers make the same mistakes (Dave MacLeod)


 
Zielgruppe
Wer gerade mal ein halbes Jahr klettert wird mit dem Buch wohl nicht so viel anfangen können – da gibt es bessere (Lizenz zum Klettern, Vertical Secrets, …). Aber wer die Grundlagen schon hat und jetzt wirklich durchstarten will (Achtung! Wichtig! Das Buch wird einem die Arbeit nicht abnehmen, nur den Weg weisen ;)), für den gibt es keine Alternative auf dem Buchmarkt, Dave MacLeod’s „9 out of 10 climbers make the same mistakes“ ist absolut einzigartig und augenöffend!
 
Sprache
Er schreibt ein sehr zugängliches Englisch, so dass man mit einem Standard Gymnasialwortschatz auf jeden Fall durchkommt, ansonsten muss man vielleicht einzelne Begriffe nachschlagen. Der Text liest sich sehr flüssig und angenehm, siehe „Beispiele“ oben.
 
Positives

  • Ein Buch auf dieser Ebene des Klettertrainings habe ich bisher noch keines gefunden, sehr gut!
  • Redet nicht lange drum herum sondern kommt gleich zur Sache
  • Traut sich an das Thema Ernährung heran und speist es nicht wie manche Autoren mit ein paar Sätzen ab (oder lässt es gar ganz aus)
  • French 9a Sport, Font 8b Bouldern, Trad, Winter und Drytooling – Dave weiß, wovon er spricht
  • MSc sport science, das merkt man – analytisch und präzise
  • Das Buch beschränkt sich im Vergleich zu den anderen,, die ich bisher gelesen habe (Lizenz zum Klettern, Vertical Secrets, Peak Performance, How to climb 5.12, …) nicht auf die Verbesserung des Kletterns im Rahmen des Kletterns, sondern bezieht auch das ganze restliche Leben drum herum mit ein

 
Negatives

  • womit ich eigentlich gerechnet hatte war eine „further reading“-Liste zu ausgewählten Themen, oder wenigstens Quellenangaben
  • kein Index
  • etwas unübersichtlich

 
Neutrales

  • fast nichts Trad-spezifisches, wen dieses Thema nicht interessiert kann die 3-4 Seiten einfach überspringen
  • wieder ein Buch das einem leider nicht die Arbeit abnimmt 😉 Wer die Motivation nicht aufbringt wird nichts von dem Buch haben

 

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Tip
Ich habe während dem Lesen zwei DIN-A4 Seiten mit Stichpunkten und Anregungen (inkl. Seitenzahlen zum nachschlagen) notiert, die für mein Klettern und Klettertraining relevant sind, und kann nur jedem empfehlen das gleiche zu tun!
 
Letzte Worte
Auch wenn das Buch ein paar Kinderkrankheiten hat, so kann es doch für viele den entscheidenden Anreiz geben ein Plateau zu durchbrechen oder noch schneller noch besser zu werden, absolut empfehlenswert – besonders für ambitionierte Kletterer. Auf jeden Fall aber vorher die Links unter „Beispiele“ abklappern, denn wenn man damit nicht zurechtkommt wird man auch an dem Buch keine Freude haben.
 
Bezug
Direkt bei Dave MacLeod oder über amazon.de, siehe auch meine anderen Trainingsbücher.
 

Choose Your Heroes and your Coaches Carefully (Dave MacLeod)

Dave MacLeod ist mit seiner Artikelserie für das Scottish Mountaineer Magazine mittlerweile bei Nummer 5 angelangt!
Diesmal schreibt er über den wichtigen Unterschied zwischen einem guten Coach und einem guten Athleten, verschiedene Einstellungen zum „Besser Klettern“ und wann man sich am besten mit Techniktraining beschäftigt.
Vor allem die ersten beiden Punkte sind sehr interessant, da er als „Insider“ (er ist ja selbst sowohl Coach als auch Spitzenkletterer) die Unterschiede sehr genau kennt.

Dave MacLeod – Choose Your Heroes and your Coaches Carefully (pdf)

(Alle Artikel der Serie)